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Albanese bleibt Premier Australien steht am Scheideweg

Er sprach von Hassmedien, wollte tausende Beamte entlassen, den Staat mit harter Hand entschlacken, so wie Elon Musk in Washington. Er spielte mit rassistischen Parolen, und Klimawandel ist für ihn kein Thema.

Jetzt ist der australische Konservative Peter Dutton auf das Schwert gefallen, das er vom amerikanischen Präsidenten übernommen hatte.

Dutton wurde von Kritikern als eine Billigversion von Donald Trump bezeichnet – nun gaben ihm die Wählenden den Schuh, statt ihn zum Premierminister zu machen. Er verlor sogar seinen Sitz im Parlament.

Australien braucht klare Köpfe

In einer immer unsicherer werdenden, gefährlichen Welt sind offenbar klare Köpfe gefragt und pragmatische Entscheide, von denen das Volk profitiert – nicht die Politik. So das Votum des Volkes.

Australien braucht klare Köpfe. Denn das Land steht am Scheideweg. Die Jahrzehnte alte Freundschaft mit den USA, das Gerüst, auf dem die Sicherheit der Nation ruht, ist nicht nur am Wackeln. Es ist zusammengebrochen.

«Wir wissen, dass wir uns nicht mehr auf Washington verlassen können, wenn uns jemand angreifen sollte», so der frühere Premierminister Malcolm Turnbull. Denn wie viele andere einstige «Freunde» der USA belegte der Präsident auch Australien mit Strafzöllen und bewies so, was er von den gemeinsamen Werten hält, die die beiden Staaten gerne zelebrierten.

Trump ist mehr Gefahr als Hilfe

Der Tritt ans Schienbein des einstigen «Hilfssheriffs der USA im Pazifik», wie Ex-Premierminister John Howard Australien einmal genannt hatte, ist allerdings von untergeordneter Bedeutung, gemessen an der Gefahr, die Trumps Verhalten für die langfristige Sicherheit und Verteidigung Australiens hat.

Seit seinem Vorgänger Barack Obama sind im australischen Norden amerikanische Marinesoldaten stationiert – eine Art «Speerspitze des Westens», sollte China im Pazifik einmal nicht nur wirtschaftliche und politische Expansionslüste entwickeln, sondern militärische. Die Elitekräfte sind Teil eines viel grösseren Systems. Etwas salopp ausgedrückt: Wenn es um Verteidigung geht, ist Australien so abhängig von den USA wie ein Baby von der Mutterbrust.

Australische Waffensysteme sind auf Gedeih und Verderb verlinkt mit amerikanischen. Kampfflugzeuge können nicht abheben, ohne geheime Software aus dem Pentagon. Vor drei Jahren intensivierte Australien diese Abhängigkeit weiter, mit der Schaffung des Aukus-Paktes, zu dem auch Grossbritannien gehört. Unter anderem verpflichtete sich Canberra, Washington mehrere U-Boote abzukaufen.

Und heute: Als ein Reporter Donald Trump vor ein paar Wochen nach dessen Meinung zu Aukus fragte, wusste dieser nicht einmal, wovon der Journalist spricht.

China steht bereit

Für die neue, alte Regierung unter Premierminister Anthony Albanese stellt sich nun die Frage: Soll Australien einfach abwarten, bis Trump in ein paar Jahren Geschichte ist, oder soll sich das Land nach anderen Freunden umsehen? Einer stünde willig bereit: China.

Die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner haben sich unter der Labor-Regierung normalisiert, nachdem Duttons konservativer Vorgänger Peking mit unhaltbaren Behauptungen brüskiert und zum Verhängen von Handelsboykotten motiviert hatte.

Auch wenn eine militärische Kooperation mit dem lange als potenziellem Aggressor beschriebenen China keine Option wäre: Eine weitere Annäherung Canberras an Peking wäre sicher ein Beispiel überlegter, pragmatischer Politik, wie es sich das australische Stimmvolk offenbar wünscht.

Urs Wälterlin

Mitarbeiter Australien/Ozeanien

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Der gebürtige Prattler Urs Wälterlin lebt seit 1992 in der Nähe der australischen Hauptstadt Canberra. Er berichtet für SRF über Australien, Neuseeland und Ozeanien.

SRF 4 News, 3.5.2025, 12:30 Uhr

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